Bei jedem von uns liegen kleine Fehlstellungen der Knochen oder Zähne vor. Einen perfekt ausgerichteten Körper gibt es wohl kaum. Während es sich mit den meisten Fehlstellungen oft gut und ohne Beschwerden leben lässt, treten bei einer sogenannten Dysgnathie hingegen oft starke Einschränkungen und Beschwerden bei den Betroffenen auf. Doch was genau ist eigentlich eine Dysgnathie, welchen Ursachen unterliegt diese Fehlentwicklung und wie kann sie behandelt werden? Diese und mehr wichtige Fragen rund um das Thema Dysgnathie beantwortet die Kieferorthopädin Dr. Katalin Schmidmer in unserem Experteninterview.
Unter einer Dysgnathie sind Fehlstellungen der Zähne und /oder des Kiefers zu verstehen, die die Funktionen der Kiefer und das individuelle Gesichtsprofil beeinflussen. Der Fehlbiss kann entweder angeboren oder im Laufe des Lebens erworben sein.
Die Kieferanomalien können entweder angeboren oder erworben sein. Während man Dysgnathien die auf eine Fehlstellung der Zähne zurückzuführen sind, dentale Dysgnathien nennt, werden Dysgnathien die auf eine Feststellung der Kieferknochen zurückzuführen sind, als skelettale Dysgnathien bezeichnet.
Das Ausmaß des Fehlbisses wird beim Kieferschluss oder durch eine sichtbare Gesichtsasymmetrie deutlich. Bei einer skelettalen Dysgnathie können Beschwerden, wie eine gestörte Gesichtsästhetik durch ein fliehendes oder vorstehendes Gesicht vorliegen. Zudem sind ein gestörter Lippenschluss sowie Kiefergelenksbeschwerden, die zu Nacken-, Rücken- und Kopfschmerzen führen können, möglich. Auch eine dentale Dysgnathie kann zu Kiefergelenksbeschwerden führen. Zudem klagen Betroffenen bei dieser oft über ein erschwertes Kauen.
Eine Dysgnathie kann genetisch bedingt vorliegen, aber auch erst im Laufe des Lebens eintreten. So können beispielsweise eine Zungen und Lippendysfunktion, eine Mundatmung aufgrund einem Verschluss der Nasengänge, wie beispielsweise durch Polypen, eine falsche Ernährung und eine daraus resultierende Karies mit frühzeitigen Milchzahlverlust sowie auch ein langes Daumenlutschen bis ins Schulalter zu einer Dysgnathie führen.
Für Patienten, die unter einer dentalen Dysgnathie leiden, bietet sich die klassische kieferorthopädische Behandlung an. Für erwachsene Patienten, die unter einer dentalen und/ oder skelettalen Dysgnathie leiden, bietet sich die kombinierte kieferorthopädisch-kieferchirurgische Behandlung an. Bei beiden Behandlungswegen soll eine optimale Zahn- und Kieferstellung und eine harmonische Kieferrelation erreicht werden. Neben der Therapie der Beschwerden, die durch die Dysgnathie ausgelöst werden, optimieren wir mit der kieferorthopädisch-kieferchirurgische Behandlung ebenso die Ästhetik des Gesichtes und des Seitenprofils.
Die kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie einer skelettalen Dysgnathie eignet sich nur für erwachsene Patienten mit einer ausgeprägten skelettalen Dysgnathie, die allein durch kieferorthopädische Maßnahmen nicht zu korrigieren ist.
Vor der chirurgischen Behandlung einer Dysgnathie erstellen wir gemeinsam mit dem Chirurgen einen maßangepassten Therapieplan. Der Eingriff setzt sich aus drei Schritten zusammen und dauert in etwa zwei bis drei Jahre. Um den Patienten auf die OP optimal vorzubereiten, werden in einem ersten Schritt Zahnfehlstellungen kieferorthopädisch mit einer festsitzenden Multibandtechnik behandelt. Als zweiter Schritt folgt die operative Kieferkorrektur. Hierbei werden die Kieferknochen mittels Titanschrauben oder -platten in der neuen richtigen Position fixiert. Die Dysgnathie OP wird in Vollnarkose durchgeführt. Nach der Operation kann es jedoch zu Schmerzen und teilweise auch temporären starken Schwellungen kommen. Sollten bei der OP Titanplatten eingesetzt worden sein, werden diese nach ungefähr 9-12 Monaten ambulant wieder entfernt. Die im ersten Schritt eingesetzte festsitzende Multibandtechnik bleibt auch während der OP weiterhin im Mund, sodass nach der OP die finale Okklusion eingestellt werden kann
Wie bei jeder anderen Operation auch, ist ein Narkoserisiko gegeben. Andere Risiken sind unter anderem Entzündungen nach der OP oder die Verletzung von relevanten Nerven und Gefäßen.
Das angestrebte Ergebnis ist eine funktionelle Okklusion und ein harmonisches Gesicht. Als ästhetisches Ziel der Behandlung wird ein Gesicht, in dem die Kieferknochen zueinander harmonisch erscheinen, fokussiert. Das exakte Ergebnis, wie man genau nach der Behandlung aussehen wird, kann man nicht genau vorhersagen. Wir geben natürlich immer unser bestes um ein hervorragendes Ergebnis zu erreichen, aber es gibt in der Medizin keine Garantie. Ich werde von Patienten täglich nach Computersimulationen gefragt, jedoch sind diese nur sehr bedingt aussagekräftig, ein Computer kann einen lebenden Menschen niemals exakt wiedergeben. Damit Patienten nicht durch eine fiktive Computersimulation "geblendet" werden, dürfen diese seit Neuestem nicht mehr verwendet werden.
Nach der OP sollte sich der Patient für etwa 6 Wochen schonen. Bis der Kiefer wieder vollständig verheilt ist, vergeht circa ein halbes bis ganzes Jahr.
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